Pressemitteilung: hrsg. vom Arbeitskreis für Hausforschung Baden- Württemberg (Schriftleitung: Stefan Uhl); Freiburg i. BI: 1997; 248 Seiten mit zahlreichen Zeichnungen und Schwarzweißabbildungen, Format 17×24 cm, broschiert, ISBN 3-92615707 -0, ISBN 0944-4009. Der dritte Band der Südwestdeutschen Beiträge ist dem Thema „Burgen und Schlösser“ gewidmet und will auf ein umfangreiches, aber bisher weitgehend unveröffentlichtes Untersuchungsmaterial verweisen, das in den letzten Jahren bei einer Reihe von z. T. mit Sanierungs- bzw. Umbauarbeiten in Verbindung stehenden wissenschaftlichen Untersuchungen zusammengetragen worden ist. Der Schwerpunkt der insgesamt zehn Aufsätze liegt bei kleineren Anlagen sowie beim frühneuzeitlichen Schloßbau, doch werden auch das Mittelalter und das 18. und 19. Jahrhundert behandelt. Ziele der vorwiegend monographischen Aufarbeitung sind die Aktualisierung und Vervollständigung des bisherigen, sich häufig auf Großanlagen konzentrierenden Forschungsstandes. DiesemAnsinnen wird auch durch eine am Ende des Bandes angeordnete, keineswegs vollständige, aber darum nicht minder wichtige, weil bisher nicht existierende Auflistung in den letzten Jahren untersuchter weniger bekannter Burgen und Schlösser Rechnung getragen, dies unter Angabe der Bearbeiter (die entweder identisch mit denen der Reihe sind oder aus ihrem Umfeld stammen) und -soweit vorhanden – unter Nennung meist entlegener Publikationen, durchgeführter Bestandsaufnahmen, dendrochronologischer Untersuchungen usw. Den meisten Beiträgen liegen umfänglichere eigene Bestandspläne zugrunde, die – wie das Abbildungsmaterial generell – sehr sorgfältig reproduziert wurden und somit auch als Vergleichsmaterial besonders hohen Nutzungswert haben. Erfreulich ist ferner die Tatsache, daß der größte Teil der Autoren eng mit dem zuständigen Landesamt für Denkmalpflege oder sogar in dessen Auftrag tätig geworden ist: in manchen Bundesländern leider keineswegs eine Selbstverständlichkeit ! Mit dem konstruktiven Wandel im Fachwerkbau befaßt sich vor allem der Aufsatz von Albrecht Bedal über „Das sogenannte Stuben’sche Schlößchen in Horb“, dessen Altbau von 1518/19 statt der vorher üblichen Anblattungen von Kopf- und Fußbändern an rahmende Hölzer die für Druckbelastungen besser geeigneten Zapfenverbindungen verwendet, damit einen engeren Abstand senkrechter Hölzer und schließlich ein neues Sichtfachwerkbild ermöglicht, während man bei der Dachkonstruktion wegen höherer Zugbeanspruchungen an der Anblattung von Schräghölzern festhält. Auch spricht der Bau mit seinem Verzicht auf jegliche Zierformen offenbar dafür, daß diese – entgegen der sonstigen Gewohnheit z. B. Frankens – am oberen Neckar verspäteten Einzug halten. Neue Erkenntnisse „Zur Baugeschichte des Dallauer Schlosses“ in der Gemeinde Elztal liefert der durch sehr anschauliche Isometrien auch dem Laien eine plastische räumliche Vorstellung seiner Veränderungen vermittelnde Beitrag von Barbara Kollia-Crowell und Robert Crowell, der u. a. nachweist, daß der Palas der Anlage entgegen der Überlieferung im Bauernkrieg nicht abgebrannt ist, und zudem detailliert auf den Reichtum an Dekorationsfassungen im Inneren des Schlosses aus der Zeit um 1529/30 und um 1570 eingeht. Malereibefunde des 16., aber auch des 18. Jahrhunderts und hier vor allem in der Schloßkapelle – werden überdies von Antje Jäckel-Sauer in ihrem Aufsatz über Schloß Haltenbergstetten angesprochen. Besondere Bedeutung kommt bei ihr allerdings der Würdigung der nicht verwirklichten Umbaupläne des 19. Jahrhunderts zu, die zu einer Vereinheitlichung der unterschiedlichen Bauabschnitte geführt hätten. Hervorgehobenes Interesse verdient auch die Untersuchung der ehemaligen Zehntscheuer in Horb-Bildechingen durch Hans-Hermann Reck und Armin Seidel, eines im Jahre 1424 oder kurz danach als Wohn-Wehr-Anlage errichteten Massivbaues mit erdgeschossigen, zu einem Lager gehörigen Schartenöffnungen und zwei darüber rekonstruierbaren Wohngeschossen sowie einer Brückenverbindung zum Turm der benachbarten Kirche. Ob allerdings beide Bauten eine gemeinsame Ummauerung besessen haben, wie es die Autoren vermuten, kann nur durch eine archäologische Grabung nachgewiesen werden. Auf den kuriosen Planungs- und Bauablauf des „Schlößle“ in Meßkirch, entstanden im letzten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts unter Verwendung einzelner älterer Elemente und auf Veranlassung der Grafen von Werdenberg, aber mit damals (offenbar gar nicht so seltenem!) unvollendetem Innenausbau geht Stefan Uhl ein und schärft damit den Blick für eine genauere Baubeobachtung und -analyse, während der letzte Beitrag von Michael Weihs, Donatus Bönsch und Christian Schaetz anhand zweier Beispiele die wichtige Rolle der Archäologie für die Burgen- und Siedlungsforschung hervorhebt: So konnte wahrscheinlich die Stammburg der Herren von Sachsenheim in der unmittelbaren Nachbarschaft der heutigen Anlage nachgewiesen werden, so fand man am Standort der ehemaligen Burg von Grötzingen im Landkreis Esslingen, die angeblich 1952 komplett beseitigt worden sein soll, die auf ca. 1275 zu datierende Schwelle eines Brückenbocks, der – zumal in situ erhalten geblieben – in Verbindung mit der örtlichen Straßen- und Wegeführung das Vorhandensein eines Siedlungskernes mit Burg bereits vor der Stadtgründung Ende des 13. Jahrhunderts nahelegt. Insgesamt gesehen eine sehr solide, wenn auch nicht unbedingt spektakuläre, aber vielleicht gerade darum so überzeugende Publikation, die das Verständnis für die „alltäglicheren“ Burg- und Schloßobjekte, aber ebenso für die sie einbindenden größeren Zusammenhänge fördert, ihre Vielfalt und Komplexität veranschaulicht und das daher zu fordernde Teamdenken von Architekten, Kunsthistorikern, Archäologen, Denkmalpflegern, Restauratoren u. a. als nicht nur selbstverständlich, sondern als -zumindest der Forschung – überaus förderlich darstellt. [Verfasser: Hartmut Hofrichter]