Pressemitteilung: Ende des Jahres 2007 ist mit dem Band 7 der jüngste der bewährten Berichtsbände erschienen, die von dem Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg und der AHF-Regionalgruppe Baden-Württemberg gemeinsam herausgegeben werden. De neue Band mit 268 Seiten und 25 Farbtafeln weist diesmal 14 Beiträge aus allen Gebieten der Bau- und Hausforschung auf, wobei insbesondere die methodische Vielfalt bemerkenswert ist. Den inhaltlichen Schwerpunkt bilden dabei Gebäudemonographien von vorwiegend mittelalterlichen Bauten. Mit dem Haus Kanzleistraße 24 aus Reutlingen von 1267 präsentiert Tilmann Marstaller ein weiteres Fachwerkgebäude des 13. Jahrhunderts aus Baden-Württemberg, das wiederum gegenüber den bekannten Konstruktionen einige konstruktive Besonderheiten aufweist. Auf der Grundlage einer präzisen Darstellung der Befunde und der zeichnerischen Rekonstruktion des ursprünglichen Gefüges wird hier wichtiges baugeschichtliches Vergleichsmaterial geliefert. Aus dem ausgehenden Mittelalter stellt Stefan King zwei auf den ersten Blick unscheinbare und daher auch bereits abgebrochene bzw. von durchgreifenden Umbauten bedrohte Fachwerkbauten aus Gaienhofen-Horn am Bodensee vor. Diese Bauernhäuser stammen im Kern von 1486 (Hauptstraße 122) und 1502/03 (Hauptstraße 114), zeigen aber trotz ihrer engen zeitlichen und räumlichen Nähe deutliche, bislang allerdings nur schwer zu erklärende Unterschiede in konstruktivem Gefüge und Grundrißstruktur. Angesichts ihres Schicksals sind diese Bauten damit eine deutliche Mahnung, gerade auch im mit Beispielen dieser frühen Zeitstellung nicht allzu reich gesegneten ländlichen Bereich unbedingt jedem noch erhaltenen Objekt die gebührende Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Stefan Uhl behandelt in seinem Beitrag das Rathaus von Veringenstadt mit Fachwerkkonstruktion und Dachwerk von um 1503; als Besonderheit ist hier allerdings festzuhalten, daß die beiden unteren Geschosse mit ihren saalartigen Räumen als Massivbauten mit Fachwerkfassade errichtet wurden, auf denen das 2. Obergeschoß mit den Rats(Bohlen-)stuben in Fachwerk aufsitzt. Der in seinem konstruktiven Gefüge seit Beginn des 16. Jahrhunderts nur wenig veränderte Bau besitzt auch noch wesentliche Teile seiner historischen Ausstattung und gehört damit zu den besterhaltenen südwestdeutschen Rathausbauten. Daher ist besonders bedauerlich, daß sich die Funktionen der so gut erhaltenen Räume weitgehend nur durch Analogie, aber nicht durch entsprechende Archivalien belegen lassen; der Autor weist selbst auf diesen Mangel auch bei anderen Rathäusern hin und fordert daher zu Recht weitere Untersuchungen ähnlicher Intensität als Grundlage einer Funktionsanalyse solcher Bauten. Dies belegt dann zugleich auch die andere hier veröffentlichte Untersuchung zu einem Verwaltungsbau , in der Barbara Kollia-Crowell und Robert Crowell das Rathaus von Neckarzimmern vorstellen, bei dem die Entstehungszeit als „Herrschaftsbau“ und Schloß bis zur Umnutzung zum Rathaus 1932 mangels entsprechender Archivalien bislang weitgehend im Dunkeln lag. Durch die Bauuntersuchung gelang es, das 1657 neu errichtete Rentamt der Herren von Gemmingen-Hornberg als Fachwerkbau auf einem massiven Sockel mit seinem konstruktiven Gefüge und der Nutzungsstruktur zu fassen, aus dem dann um 1765 durch Umbau das herrschaftliche Schloß entstand mit massiven (neue Giebelwandscheibe) oder zumindest durch Verputz massiv wirkenden Außenwänden. Mit dieser Funktion wurde der Bau 1873 noch einmal durchgreifend renoviert, bis im 20. Jahrhundert hier mit wiederum großen Veränderungen Rathaus und Schule etabliert wurden. Das Ergebnis war schließlich ein in seinem Gefüge schwer geschädigter Bau, dessen sachgemäße Sanierung nur auf der Grundlage der dargestellten Bauuntersuchung möglich war. Ein weiteres herrschaftliches Gebäude behandelt Stefan Uhl mit seiner Untersuchung des Zollernschlosses in Balingen. Obwohl das Hauptgebäude der überaus malerischen Baugruppe in den 1930er Jahren weitgehend neu errichtet wurde, gelingt es dem Autor, aus archivalischen Nachrichten, historischen Abbildungen und erhaltenen Bauspuren gerade auch diesen Bau überzeugend zu rekonstruieren. Dabei war es sogar möglich, mit allen landesgeschichtlichen Konsequenzen den Ursprungsbau dendrochronologisch auf um 1372 zu datieren. Die Darstellung verdeutlicht allerdings auch den Verlust eines der bis zum 20. Jahrhundert besterhaltenen spätmittelalterlichen Fachwerkbauten auf einer Burg. Burghard Lohrum stellt in seinem Beitrag die „Obere Burg“ mit dem sog. „Steinhaus“ und dem Schochenturm in Besigheim in ihrer komplizierten bauhistorischen Entwicklung vom 13. bis 16. Jahrhundert vor. Grundlage der Darstellung bilden dabei genaue Bestandspläne des großen Massivbaues, denen dann zu den einzelnen Phasen Rekonstruktionsskizzen gegenübergestellt werden. Lassen Lage und Bautyp bereits den adeligen Kontext der Entstehung der Gebäude erwarten, so liefert der anschließende Beitrag von Brigitte Popper mit den archivalischen Nachrichten zu dem Steinhaus den Nachweis, daß dieses 1413 aus dem Besitz einer lokalen Adelsfamilie an die Landesherrschaft überging, wo es bis 1967 verblieb. Damit verbunden war der Nutzungswandel vom städtischen Adelssitz zu einem herrschaftlichen Fruchtkasten, bis Ende des 18. Jahrhunderts die Gefängnisnutzung hinzukam und schließlich von 1839 bis 1949 dominierend wurde. Der Umbau zu einer städtischen Musikschule lieferte schließlich den Anlaß zu der dargestellten bauhistorischen Untersuchung. Ähnlich komplex ist die Baugeschichte des Peterhofes in Freiburg, des ehemaligen Stadthofes des Schwarzwaldklosters St. Peter, die von Frank Löbbecke und Stephanie Zumbrink dargestellt wird. Da bei diesem heute im Universitätscampus aufgegangenen Gebäudekomplex insbesondere nach den Zerstörungen des 2. Weltkrieges die Bausubstanz selbst deutlich dezimiert ist, wurden hier in höherem Maße auch archäologische Untersuchungen und die Auswertung von archivalischen Quellen mit herangezogen. Das Ergebnis ist eine ausführliche Darstellung zur 800jährigen Geschichte des Aufbaues und der Veränderung einer der wichtigsten klösterlichen Vertretungen in Freiburg. Einen ähnlichen Zeitraum deckt die Baugeschichte des Wormser Hofes in Wimpfen ab, die von Anja Krämer und Markus Numberger aufgearbeitet wurde. Auch bei diesem ehemaligen „Pfalzbau“ des bischöflichen Stadtherren neben der Stadtkirche ist die ältere, im Kern noch romanische mittelalterliche Substanz durch spätere, vor allem barocke Umbauten stark überprägt, aber als Ergebnis der hier vorgestellten Untersuchung doch in den wesentlichen Zügen noch rekonstruierbar. Dabei entsteht das Bild von einander ergänzenden Einzelbauten, woraus sich schließlich über verschiedene Zwischenschritte die heutige Dreiflügelanlage entwickelte. Anders als bei den bisher dargestellten Beiträgen beruht die Darstellung von Bertram Jenisch zum „Haus zum Kristallen Eck“ in Freiburg ausschließlich auf archäologischen Befunden anläßlich der Neubebauung der früheren Hausstätte. Passend zum Namen des Hauses, gelingt hier der Nachweis der technischen Anlagen einer der bislang nur archivalisch belegten spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Edelsteinschleifereien in einem städtischen Gewerbegebiet, an deren Stelle hier dann im 18. Jahrhundert eine Gewerbemühle trat. Der Beitrag stellt so eine wichtige Ergänzung der sonst vor allem den konstruktiven Gefügen gewidmeten Beiträge dar. Zwei Beiträge des Bandes sind nicht einzelnen Bauten, sondern Nutzungsphänomenen (Albrecht Bedal) oder historischem Baumaterial (Ulrich Knapp) gewidmet. Der Artikel von Albrecht Bedal beschäftigt sich schwerpunktmäßig an Beispielen aus Schwäbisch Hall mit dem Phänomen des Dachausbaues, zu dem ja früher bereits von Norbert Bongartz Befunde aus Baden-Württemberg vorgelegt wurden. Allerdings kommen nun zu den „Sommerstuben“, sonstigen Stuben und Kammern und Räumen bislang unbekannter Nutzung etwa auch Zimmersynagogen, wie sie in Schwäbisch Hall alleine schon in zwei Beispielen aus dem 18. Jahrhundert belegt sind. Mit einer Materialgruppe aus dem Bereich der Dachdeckung beschäftigt sich, anknüpfend an seine früheren Beiträge zu diesem Thema an anderer Stelle, der Artikel von Ulrich Knapp zu den mehrfarbigen Ziegeldeckungen des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit im Süd-Westen. Gerade auch dieser ausführliche Beitrag zu diesem vielfach vernachlässigten Thema kann von den beigegebenen Farbtafeln profitieren, auf denen die wichtigsten Belegstücke in guter Qualität dargestellt sind. Zwei Beiträge befassen sich schließlich aus kunsthistorischer Sicht mit mittelalterlicher Klosterarchitektur; sie beruhen auf den Ergebnissen von Magisterarbeiten am Institut für Europäische Kunstgeschichte in Heidelberg. Katinka Krug behandelt dabei die mittelalterlichen Klausurbauten des Zisterzienserklosters Bronnbach und arbeitet dort die unterschiedlichen Bauphasen heraus, und Charlotte Lagemann analysiert die Bauformen der Klosterkirche Gnadental mit dem Ergebnis einer deutlich früheren Datierung der Entstehungszeit. Beide Arbeiten werfen dabei weiterführende Fragestellungen auf, die bei entsprechenden Untersuchungsmöglichkeiten mit dem Methodenspektrum der Bauforschung sicher gelöst werden könnten. Insgesamt ist den Herausgebern für diesen wiederum überaus gelungenen Band zu danken. Hinter der Vielfalt der hier vorgestellten Untersuchungen verbirgt sich eine jeweils meist mehrjährige Forschungsarbeit, durch die unser Wissen nicht nur zu den behandelten Bauten wesentlich erweitert worden ist. Der Band stellt so auch einen weiteren überaus wichtigen Beleg für den Nutzen bauhistorischer Forschung in allen Bereichen der Denkmalpflege dar.